Global Harmonisiertes System zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (GHS) – Teil 1

Global Harmonisiertes System zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (GHS) – Teil 1

Vorwort

Viele Einsatzkräfte der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerkes oder auch anderer Hilfsorganisationen haben schon etwas von „GHS“ gehört, doch die Wenigsten besitzen genauere Kenntnisse über diese Thematik. Oft hört es, nach dem Satz: „Das sind doch diese neuen Symbole“ schon auf. Selbst die Bedeutung der einzelnen Buchstaben in dieser Abkürzung sind dem Großteil nicht geläufig.

Jedoch gibt es neben den neuen Symbolen, noch weitere tiefgründige Änderungen im Bereich der Gefahrstoffkennzeichnung. Als Stichworte sind hier zu nennen Gefahrenkategorien, Hazard Statements, usw. .

All die Neuerungen sind bzw. werden in den einzelnen Artikeln auf dieser Seite zusammengefasst und kurz erläutert.

Teil 1

Wofür steht eigentlich GHS und was ist damit gemeint?

Die Abkürzung GHS steht im Englischen für:

Globally Harmonised System of Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures

Die deutsche Übersetzung lautet wie folgt:

Global Harmonisiertes System zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen

Mit Hilfe von GHS soll eine einheitliche und weltweite Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (grundsätzlich gibt es in diesem Bereich eine Kennzeichnungspflicht) geschaffen werden, vgl. [1].

Bisher gab es große Unterschiede zwischen den einzelnen Staaten, denn jeder hatte seine eigene Art und Umsetzung der Gefahrstoffkennzeichnung (z. B. unterschiedliche Symbolik und Einstufungskriterien usw.).

Als Beispiel für diese Problematik mal die Einstufung von Coffein (LD50oral Ratte=367,7 mg/kg [2]), nach [3]:

EU: gesundheitsschädlich

USA: giftig

Australien: gesundheitsschädlich

Japan: giftig

China: nicht gefährlich

GHS: Akute Toxizität, Kategorie 4 [2]

Alle Staaten bzw. Staatenbündnisse haben die selben Messdaten für Coffein vorliegen, trotzdem gibt es erhebliche Unterschiede bei der Einordnung!

Zusätzlich sollen durch die Umstellung nach GHS folgende weitere Ziele erfüllt werden:

  • Höheres Schutzniveau für Mensch und Umwelt weltweit, vgl.  [1]

Es gibt einige Staaten, welche die Chemikalien nur unzureichend kennzeichnen und/oder  sehr “locker” mit ihrer Einstufung umgehen.

  • Erleichterung des Chemikalienhandels, vgl. [1]

Der weltweite Handel mit Chemikalien wird vereinfacht, da man nicht jedes Mal die  Einstufungskriterien (einheitlich für alle Staaten) erneut überprüfen muss.

  • Harmonisierung verschiedener Sektoren, vgl. [1]

Jeder, der mit Chemikalien zu tun hat, kann somit leichter die einzelnen Gefahren der Stoffe erkennen.

Rechtliche Grundlagen

Bevor wir zu den rechtlichen Grundlagen kommen, wollen wir ganz kurz die Entstehung von GHS beleuchten, da so der rechtliche Kontext deutlicher wird.

Die Problematik der verschiedenen Gefahrensymbole und der unterschiedlichen Einstufung war in den Reihen der Chemieindustrie schon lange bekannt.

Aus diesem Grund arbeitete von 1980 bis 1990 die International Labour Organization (ILO) an einem Vorschlag zur Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (vgl. [4]).

Es vergingen 2 Jahre, bis dann 1992 auf der UN -(United Nations, dt. Vereinte Nationen) Konferenz für Umwelt und Entwicklung (sog. UNCED) eine weltweit einheitliche Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Stoffgemischen als Zielsetzung für die nächsten Jahre festgelegt wurde (vgl. [4]). Der Grundgedanke war stark an die Ausarbeitungen der International Labour Organization angelehnt.

Ab diesem Zeitpunkt beschäftigten sich ausgewählte Gremien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der UN gemeinsam dieses Ziel zu erfüllen.

Nach langjähriger Arbeit wurde im Dezember 2002 [4] das Globally Harmonised System of Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures im so genannten “Purple Book” (eine Anspielung auf die violette Farbe des Buches) erstmals vorgelegt. Alle 2 Jahre wird diese Fassung aktualisiert und neu herausgegeben (vgl. [5]).

Im Jahr 2008 wurde GHS durch die EG-GHS-Verordnung (Nr. 1272/2008) auf europäischer Ebene implementiert. Sie ersetzt die bisher geltenden Richtlinien Nr.67/548/EWG (”Stoffrichtlinie”) und Nr. 1999/45/EG (”Zubereitungsrichtlinie”), vgl. [6].

Dadurch wurde die Forderung seitens der UN zu mindestens durch die Staaten der Europäischen Union erfüllt (in anderen Staaten erfolgte noch keine vollständige Implementierung bzw. ist noch in Vorbereitung; siehe Abb. 1 “Stand der Implementierung” und [7]).

Aus rechtlicher Sicht ist GHS “nur” ein Teil der CLP-Verordnung.

CLP steht für:

Regulation of Classification, Labelling and Packaging of Substances and Mixtures(deutsche Übersetzung: Regulierung der Klassifizierung; Beschriftung und Verpackung von Stoffen und Stoffgemischen)

In dieser Verordnung wird sozusagen der Rahmen für GHS in Europa definiert. Sie ist seit dem 20. Januar 2009 in Kraft (siehe oben EG-GHS). Grundlage für die Umsetzung der CLP Verordnung ist die so genannte “REACH Verordnung” (EG-Verordnung Nr. 1907/2006), vgl. [8].

REACH steht für:

Registration, Evaluation, Authorisation of Chemicals

Die deutsche Übersetzung lautet:

Registrierung, Erhebung, Autorisierung von Chemikalien

REACH liefert die notwendigen Daten zur Einteilung der Chemikalien nach GHS. Im Rahmen dieser Verordnung werden also Chemikalien getestet und so die notwendigen Daten für ihre Beurteilung gewonnen (siehe auch [1]).

Implementierung GHS März 2013

Abbildung 1: Implementierung von GHS in die nationale Gesetzgebung (Stand: März 2013); Quelle Hintergrund: © OpenStreetMap-Mitwirkende

Quellen:

[1] Amtsblatt der Europäischen Union: Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008; abgerufen am 06.01.2014

[2] IFA – GESTIS Stoffdatenbank: Coffein

[3] Hamburger Gefahrguttage 2010: Vortrag GHS/CLP

[4] United Nations Economic Commission for Europe: Historical Background GHS; abgerufen am 09.01.2014

[5] Umweltbundesamt: Globally Harmonised System (GHS) – Entstehung und Entwicklung; abgerufen am 09.01.2014

[6] Umweltbundesamt: Globally Harmonised System GHS – Rechtliche Regelung; abgerufen am 09.01.2014

[7] United Nations Economic Commission for Europe: GHS implementation; abgerufen am 09.01.2014

[8] Umweltbundesamt: CLP – Verordnung; abgerufen am 09.01.2014

 

2 Comments

  1. Simon Bornmann

    Gute Zusammenfassung, vielen Dank.

    Ergänzend dazu die Info, dass Chemikalien unter REACh registriert werden müssen wenn diese Stoffe mit mehr als 1 Tonne/Jahr hergestellt oder importiert werden.

    Zubreitungen, Gemische und Erzeugnisse (wie z.B. Waschmittel) müssen erst ab 06/2015 nach CLP gekennzeichnet werden, deshalb sieht man derzeit noch die alten (orangenen) Piktorgramme nach DPD (dangerous preperations directive) im Umlauf.

    Ab 2015 wird sich vieles ändern, da die Grenzen zur Einstufung in eine Gefahrenkategorie unter CLP niedriger angesetzt sind.
    Es kann also durchaus passieren, dass Produkte die früher nicht gelabelt wurden plötzlich Gefahrenpiktogramme tragen oder einer höheren Kategorie zugerechnet werden (früher Reizend, dann ätzend, etc…).

    Hier kann sich insbesondere für die Feuerwehr eine Schwierigkeit ergeben, wenn die „schärfere“ Einstufung umgesetzt ist. Bei auslaufenden Flüssigkeiten ohne Gefahrenpiktorgamm, beispielsweise im Haushalt, wird in der Regel die Feuerwehr nicht alarmiert.
    Tragen diese Produkte ein (für die meisten Leute unbekanntes, neues) Gefahrenpiktogramm kann unter Umständen aufgrund der Verunsicherung das Einsatzaufkommen in diesem Bereich steigen.

    Andersherum ist ein „Herunterspielen“ der Gefahr möglich (Wenn ein Rohrreiniger mit einem „Corrosive“ Symbol gekennzeichnet ist und ein Waschmittel das gleiche Symbol trägt, kann die Gefahr des Rohrreinigers auch unterschätzt werden – „Mit dem Waschmittel ist ja auch nie was passiert“).

    Hier wird aktuell noch viel zwischen Behören und den Herstellern diskutiert. Es bleibt also bis 2015 noch spannend, gerade was die Kennzeichnung von Produkten im alltäglichen Umfeld betrifft

    Simon

  2. Sebastian Arnold

    Hallo Simon,
    zunächst einmal bedanke ich mich für dieses positive Feedback. Die Ergänzung zur REACH-Thematik ist korrekt. Diese Mengenschwelle wurde bzw. wird immer weiter heruntergesetzt, bis auf die Menge von 1 Tonne/Jahr (wie bereits von dir beschrieben).

    Die weiteren von dir erwähnten Punkte sind in den Teilen 2 und 3 dieser Artikelserie, welche demnächst erscheinen, aufgelistet und mit Beispielen belegt. Ich würde mich auch sehr bei diesen über Feedback freuen.

    Selbstverständlich stehe ich für weitere Fragen zur Verfügung.

    Viele Grüße
    Sebastian

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