Das Sicherheitsdatenblatt – was ist das und wo kann ich es finden?

Das Sicherheitsdatenblatt – was ist das und wo kann ich es finden?

Das Sicherheitsdatenblatt nach REACH-Verordnung ist die wichtigste Informationsquelle Im Arbeitsschutz für den sicheren Umgang mit Gefahrstoffen .

Wenn eines der unter Artikel 31 Abs. 1-3 der REACH-Verordnung genannten Kriterien vorliegt, dann muss der Lieferant bzw. Inverkehrbringer eines Stoffs oder einer Zubereitung in die EU dem nachgeschalteten Anwender ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen. Die Abschnitte und Inhalte des Sicherheitsdatenblatts sind dabei seit 01.01.2021 verbindlich in der EU-Verordnung 2020/878 „Anforderungen an die Erstellung des Sicherheitsdatenblatts“ vorgeschrieben. Abweichend hiervon dürfen Sicherheitsdatenblätter, die der vorherigen Version, der EU-Verordnung Nr. 2015/830  entsprechen, bis zum 31. Dezember 2022 weiterhin zur Verfügung gestellt werden.

Das Sicherheitsdatenblatt muss dem nachgeschalteten Anwender spätestens bei der ersten Lieferung und anschließend nach jeder Aktualisierung auf Papier oder elektronisch kostenlos übermittelt werden. Nachgeschalteter Anwender und somit Adressat des Sicherheitsdatenblatts ist der berufsmäßige Verwender, also der Arbeitgeber. Händler und Verbraucher zählen nicht als nachgeschaltete Anwender. Der Händler benötigt das Sicherheitsdatenblatt jedoch einerseits, um es seinen Abnehmern zur Verfügung stellen zu können, und andererseits ab dem ersten Beschäftigten, um seinen Arbeitgeberpflichten nachkommen zu können. Das Sicherheitsdatenblatt soll dem Arbeitgeber alle relevanten Informationen liefern, damit er alle möglichen Gefährdungen beim beruflichen Umgang mit dem Stoff beurteilen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen für seine Beschäftigten ermitteln kann. Mit Hilfe des Sicherheitsdatenblatts soll der Arbeitgeber seine Arbeitgeberpflichten erfüllen und die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 6 der Gefahrstoffverordnung durchführen können. Das Sicherheitsdatenblatt muss klar verständlich formuliert, mit Datum (damit das Alter des Datenblatts ersichtlich ist) und fortlaufender Seitenzahl versehen sein.

Achtung: Das Sicherheitsdatenblatt muss nicht geliefert werden, wenn gefährliche Stoffe und Zubereitungen im Einzelhandel für jedermann angeboten werden und dabei mit ausreichenden Informationen nach Artikel 31 Nr. 4 der REACH-Verordnung versehen sind, so dass der Anwender die erforderlichen Maßnahmen für den Gesundheitsschutz und die Sicherheit auf Grundlage der Behälterkennzeichnung ergreifen kann. Privaten Endverbrauchern muss also nicht unbedingt ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung gestellt werden.

Das Sicherheitsdatenblatt muss in der Amtssprache des Landes mitgeliefert werden, in welches der Stoff geliefert wird. Wird der Stoff nach Deutschland geliefert, muss das Sicherheitsdatenblatt also in Deutsch an den Abnehmer geliefert werden. Das Sicherheitsdatenblatt wird i.d.R. separat als Anhang per Mail oder mittels Download-Link verschickt. Viele Hersteller stellen ihre Sicherheitsdatenblatt frei zugänglich oder im passwortgeschützten Kundenbereich im Internet zur Verfügung. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird das Sicherheitsdatenblatt beim Transport eines Gefahrstoffs nicht mit dem Stoff zusammen verschickt. Im Falle eines Unfalls mit einem Fahrzeug, das Gefahrstoff(e) geladen hat kann man sich deshalb die Suche nach dem Sicherheitsdatenblatt am und im Fahrzeug ersparen. Hier müssen die Informationen zum vorliegenden Stoff anderweitig eingeholt werden (z.B. Internet, Datenbanken, Kontaktaufnahme mit Empfänger, Beförderer oder auf dem Etikett angegebenen Hersteller).

Wichtig: Im Gefahrgutrecht ist das Sicherheitsdatenblatt nicht gefordert! Bei Transportunfällen müssen die Einsatzkräfte mit Hilfe der Gefahrgut-Kennzeichnung und, falls möglich, des Beförderungspapiers Stoffinformationen einholen. Dabei ist zwingend zu beachten, dass das Gefahrgutrecht und das Gefahrstoffrecht zwei unterschiedliche Rechtsgebiete mit unterschiedlichen Einstufungskriterien sind! Anhand der Gefahrgutkennzeichnung sind keine Rückschlüsse auf die Gefahrstoffkennzeichnung möglich! Ebenso können Stoffe nur als Gefahrstoffe eingestuft und gekennzeichnet sein, aber nicht als Gefahrgut. Beispielsweise ist Calciumdihydroxid als ätzender gesundheitsschädlicher Gefahrstoff, aber bei keinem Verkehrsträger als Gefahrgut eingestuft. Deswegen muss bei Unfällen immer auf das Vorhandensein beider Kennzeichnungen – z.B. Gefahrzettel für Gefahrgut und Piktogramme nach GHS für Gefahrstoffe – geachtet werden!

Gemäß Artikel 35 der REACH-Verordnung und § 14 der Gefahrstoffverordnung muss der Arbeitgeber sicherstellen, dass die Beschäftigten Zugang zu allen Sicherheitsdatenblättern der Gefahrstoffe, die sie verwenden oder denen sie bei ihrer Arbeit ausgesetzt sein können, haben. Rein rechtlich sollte also jeder Beschäftigte im Betrieb den Einsatzkräften weiterhelfen können bei der Beschaffung der Sicherheitsdatenblätter, wenn sich der Einsatzort auf einem Betriegsgelände befindet.

Die Lieferanten aktualisieren das Sicherheitsdatenblatt unverzüglich, wenn neue sicherheitsrelevante Informationen verfügbar sind oder die Verwendung des Stoffs eingeschränkt wird. Die neue Version wird mit der Angabe „Überarbeitet am … (Datum)“ versehen und allen früheren Abnehmern, denen die Lieferanten den Stoff oder die Zubereitung in den vorausgegangenen zwölf Monaten geliefert haben, auf Papier oder elektronisch kostenlos zur Verfügung gestellt.

ACHTUNG: Bei der letzten Überprüfung der Rechtskonformität von Sicherheitsdatenblättern auf EU-Ebene wurde festgestellt, dass 44 % der Sicherheitsdatenblätter mangelhaft waren. Fehlende Angaben, falsche Einstufungen und falsche Kennzeichnungen waren die Hauptmängel. Im Einsatzfall gilt deshalb wie im Arbeitsschutz: Jedes Sicherheitsdatenblatt muss auf Plausibilität geprüft werden! Denn es kann passieren, dass die Angaben im Sicherheitsdatenblatt nicht zum vorliegenden Stoff passen und dann ungeeignete oder sogar gefährliche Einsatzmaßnahmen ergriffen werden! Um ein Sicherheitsdatenblatt auf Plausibilität prüfen zu können bedarf es der dafür nötigen Fachkunde.

Praxistipp zur Plausibilitätsprüfung: Fragt im Einsatzfall beim Anwender / Empfänger nach, ob dieser das Sicherheitsdatenblatt seines Lieferanten bereits auf Plausibilität geprüft hat. Leider wird dies noch nicht standardmäßig von allen Anwendern bzw. Arbeitgebern gemacht, obwohl es rechtlich schon lange vorgeschrieben ist. Hauptproblem ist dabei oftmals die fehlende Fachkunde im Betrieb. Wurde das Sicherheitsdatenblatt noch nicht im Betrieb auf Plausibilität geprüft, dann ist fachliche Beratung einzuholen (z.B. ABC-Fachberater, TUIS).

 

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