Nachdem wir uns im letzten Blogeintrag mit aktiven Spüllösungen für die Dekontamination beschäftigt haben anbei ein paar Tipps für den Ablauf der Dekontamination Verletzter (als kleine Wiederholung von Grundwissen):
- So schnell wie möglich runter mit allen Klamotten, die kontaminiert sind! Im Zweifel immer vollständig entkleiden! Dabei die Unterwäsche nicht vergessen (auch BH / Unterhose müssen sofort runter, wenn der Verdacht der Kontamination dieser Kleidungsstücke besteht).
- Bei der Verwendung aktiver Spüllösungen zuerst alle unbedeckten („freien“) kontaminierten Körperstellen einsprühen, danach den Verletzten entkleiden und alle kontaminierten Körperstellen weiter spülen.
- Den kontaminierten bzw. mit Gefahrstoffen getränkten Pullover über den Kopf zu ziehen führt zur Kontamination des Kopfbereichs (ggf. inkl. Augen). Das falsche Entkleiden kann somit gesundheitliche Folgeschäden für den Betroffenen und ggf. beteiligte Ersthelfer (Stoffkontakt durch Berührung der durchtränkten Kleidung) nach sich ziehen! Deshalb müssen geeignete Hilfsmittel für das schnelle Entkleiden (Kleiderscheren) Verletzter zur Verfügung stehen! Und das nicht erst am fertig aufgebauten Dekon-Platz, sondern bereits bei der Not-Dekon.
- Eigenschutz der Helfer unbedingt beachten! Wer die Kleiderschere bedient, muss sich vor Kontamination schützen (Empfehlung: mind. ganzkörperbedeckende PSA, Chemikalienschutzhandschuhe, Schutzbrille und Visier – besser Vollmaske mit ABEK2P3-Filter).
- Wichtig: Verletzte komplett ausziehen und weiterspülen, wenn keine dichte Chemikalienschutzkleidung getragen wird (Stoffkleidung wird von der Flüssigkeit durchdrungen; nur beim intakten gegenüber dem freigesetzten Stoff ausreichend dichten CSA kann auf die Dekontamination der Kleidung und Person im Anzug verzichtet werden).
- Bei Wasser als Spüllösung unbedingt darauf achten, dass das verunreinigte Spülwasser entweder aufgefangen wird oder ungehindert ablaufen kann, damit es nicht zu weiteren Verletzungen beim Betroffenen oder bei den Helfern kommt.
- Ersatzkleidung bereitstellen – kontaminierte Kleidung so schnell wie möglich „sicher“ aufbewahren! Darauf achten, dass der Betroffene im Schockzustand seine kontaminierte Kleidung nach dem Spülen nicht wieder anziehen will (da gab es leider schon entsprechende Unfälle mit Verätzungen nach erfolgreichen Erste Hilfe Maßnahmen)!
- Bei Verätzung mit heißer Säure / Lauge, die zusätzlich eine Verbrennung / Verbrühung verursacht, gilt: zuerst die Verätzung versorgen, danach die Verbrennung / Verbrühung. Vorsicht beim Einsatz von Wasser als Spülmedium – sehr große Gefahr der Unterkühlung!
- Die psychische Ausnahmesituation (z.B. starke Schmerzen – Augenverätzungen sind immer sehr schmerzhaft, Sehverlust) kann dazu führen, dass Betroffene die Notfalleinrichtungen nicht mehr finden. Des Weiteren kann bei Augenverätzungen die Linse sehr schnell eintrüben, so dass der Betroffene nichts mehr sieht und sich dementsprechend nicht mehr im Raum orientieren kann. Die Dekontamination muss von Helfern durchgeführt werden, ggf. müssen Personen zum Dekon-Platz hingeführt oder getragen werden.
- fehlende Schmerzen, fehlende akute Symptome können zum Verweigern der Dekontamination bzw. des Entkleidens führen. Wichtig ist hier die Kommunikation mit den Betroffenen, damit niemand ohne Dekontamination den Gefahrenbereich verlässt und die Kontamination verschleppt.
- Augenverätzungen sind sehr schmerzhaft. Der Verletzte schließt automatisch die Augen und hält sich die Augen zu. Das Auge muss aktiv vom Helfer offengehalten werden, wenn es gespült werden soll. Den Verunfallten dabei auffordern, das Auge zu bewegen (in alle Richtungen zu schauen), damit die Spüllösung die gesamte Augenoberfläche erreichen kann!