Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) hat in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) eine Loseblattsammlung erstellt, die als „lebendes Dokument“ regelmäßig fortgeschrieben wird. Band 1 widmet sich den Maßnahmen des Katastrophenschutzes, der allgemeinen Gefahrenabwehr und der medizinischen Behandlung .
Für Einsatzkräfte und Führungsstäbe stellt er eine zentrale Handreichung dar, um im radiologischen Ereignisfall schnell und strukturiert reagieren zu können.
Katastrophenschutzmaßnahmen
Band 1 beschreibt detailliert, wie die Bevölkerung und Einsatzkräfte im Ereignisfall zu schützen sind:
Warnung der Bevölkerung: Einsatz aller verfügbaren Kanäle (MoWaS, Sirenen, Cell Broadcast, Social Media) mit vorbereiteten Mustertexten . Aufenthalt in Gebäuden: Sofortmaßnahme, wenn Evakuierungen nicht mehr rechtzeitig möglich sind; Schutzfaktoren je nach Gebäudestruktur bis 20 000 . Jodblockade: Ausgabe und Einnahme von Jodtabletten zur Schilddrüsensättigung; Zielgruppen sind v. a. Kinder, Jugendliche und Schwangere. Evakuierung und Umsiedlung: Kriterien anhand von Dosisrichtwerten und Szenarien (S1–S3). Umsiedlungen sind ab > 100 mSv verbleibender effektiver Dosis/Jahr vorgesehen. Notfallstationen: Einrichtung für Dekontamination, Registrierung und Erstversorgung; Risiko der Überlastung durch nicht betroffene Personen wird thematisiert. Verkehrslenkung und Zugangsbeschränkungen: Abschottung von Gefahrengebieten zur Expositionsminimierung .
Allgemeine Gefahrenabwehr
Im Gefahrenbereich gilt es, die Freisetzung und Ausbreitung radioaktiver Stoffe zu verhindern:
Abgrenzung und Kennzeichnung von Gefahrenbereichen. Stilllegung kontaminierter Anlagen und Geräte. Nutzung technischer Mittel wie Einschäumen, Abdichten, Abwasserkanal-Sperrungen oder Turbolöscher zur Bindung radioaktiver Partikel . BOS-Kooperation im Gefahrenbereich mit klaren SOPs und FwDV 500 als Grundlage.
Medizinisches Management
Ein umfangreicher Teil des Bandes betrifft die medizinische Versorgung exponierter Personen:
Rettung, Sichtung, Stabilisierung nach CBRN-Standards. Dekontamination (Wunden und Personen) als prioritäre Maßnahme vor medizinischer Weiterbehandlung. Dosisabschätzung und Dosimetrie: Einsatz biologischer Marker und Inkorporationsmessungen zur Belastungsbestimmung. Therapien: spezifische Dekorporationsmaßnahmen und strahlenmedizinische Behandlungsprotokolle. Besonderheiten: Umgang mit kontaminierten Verstorbenen, langfristige Gesundheitsvorsorge sowie psychosoziale Betreuung der Betroffenen .
Entscheidungsgrundlagen
Die Loseblattsammlung liefert Einsatzkräften praxisnahe Entscheidungshilfen:
Referenzszenarien (S0–S15): von KKW-Unfällen bis hin zu Nuklearwaffenexplosionen . Notfallphasen: Vorfreisetzungs-, Freisetzungs- sowie frühe und späte Nachfreisetzungsphase – jede Maßnahme ist nach Phasenempfehlung bewertet. ALARA-Prinzip & 4-A-Regel: Abstand, Aufenthaltszeit, Abschirmung, Abschalten bleiben zentrale Handlungsmaximen für Einsatzkräfte.
Fazit
Band 1 der Loseblattsammlung ist für Einsatzkräfte ein unverzichtbares Werkzeug:
Standardisierte Maßnahmenblätter erleichtern die schnelle Lagebeurteilung. Klar definierte Kriterien (z. B. Dosiswerte, Phasen, Szenarien) schaffen Handlungssicherheit. Praktische Hinweise zu Problemen und Handlungsoptionen unterstützen die Umsetzung im Einsatz.
Den vollständigen Band mit allen Maßnahmen gibt es beim Bundesamt für Strahlenschutz: www.bfs.de/notfallschutz-massnahmen